Die Alfred Kiess GmbH, ein kleines mittelständisches Handwerksunternehmen, das sich auf hochwertigen Innenausbau spezialisiert hat, stellte sich im Rahmen des Forschungsprojektes bi.smart der ambitionierten Aufgabe, ihr erstes smartes Produkt-Service-System zu entwickeln. Mit ca. 50 Mitarbeitern und einer Expertise für individuell zugeschnittene Einzellösungen inklusive Planung und schlüsselfertiger Umsetzung für ein breites Kundenspektrum wagte das Unternehmen den nächsten Schritt der Digitalisierung und befasste sich dabei eingehend mit internen Prozessen und Schnittstellen.
Ein Schwerpunkt war die Entwicklung eines digitalisierten Systems für elektrostatisch ableitfähige Fußböden (ESD-Fußböden) zur Vermeidung von Schäden an elektronischen Bauteilen in industriellen Prozessen. Die Herausforderung bestand insbesondere in der technischen Realisierung einer kontinuierlichen Zustandsüberwachung und Dokumentation der ESD-Böden mittels Sensordatenverarbeitung. Die Auswahl geeigneter Sensoren, die alle Anforderungen an Datenerfassung, Signalübertragung und problemlose Integration in den Boden erfüllen, ohne eine Gefahrenquelle darzustellen, sowie die Wirtschaftlichkeit des Systems bei einer hohen Anzahl von Messstellen stellten dabei die größten Hürden dar.
Bei der Entwicklung neuer Produkte und Marktleistungen ist es wichtig, zunächst den Horizont zu erweitern und grundsätzlich über bisherige Lösungsräume hinauszudenken. Dabei hilft es, alte Denkmuster („Ich bin Schreiner, was geht mich Elektronik an?“) mit neuen Methoden zu überprüfen und Kunden direkt einzubeziehen.
Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten, Kundenbedürfnisse abzubilden und zu befriedigen. Selbst einfache Produkte wie ESD-Fußböden können smart gestaltet werden, um einen erweiterten Kundennutzen zu generieren.
Durch die frühzeitige Einbindung von Partnern und die externe Besetzung von Rollen im Entwicklungsprozess kann nicht vorhandenes Know-how für die Digitalisierung kompensiert werden. Dies ist insbesondere für KMU von Bedeutung und ermöglicht die schrittweise Aneignung von Kompetenzen für die Entwicklung smarter Produkt-Service-Systeme.
Das Beispiel der Alfred Kiess GmbH zeigt, dass es sich auch für kleine Unternehmen lohnt, sich neben dem alltäglichen Projektgeschäft im Handwerk Zeit und Arbeit in Innovationen rund um Digitalisierung und die dazu notwendige interne Transformation zu investieren.
Der Alfred Kiess GmbH ist ein entscheidender Schritt in die digitale Zukunft gelungen. Durch den Einsatz kreativer Methoden und die Integration neuer Rollen im Engineering, unterstützt durch die Expertise externer Partner in Sensorik und Datenverarbeitung, konnte das Unternehmen sein erstes smartes Produkt-Service-System entwickeln: einen innovativen ESD-Fußboden. Dieser Schritt zeigt nicht nur das Potenzial der Digitalisierung für das Handwerk, sondern bewahrt auch den Fokus auf das Kerngeschäft. Obwohl sich das System noch im Prototypenstadium befindet, eröffnet es neue Perspektiven für die Produktentwicklung, indem es das Angebot um digitale Dienstleistungen erweitert. Die Erfahrungen aus diesem ganzheitlichen Entwicklungsprozess ermutigen zu einer vertieften Analyse des Potenzials von Produkten und Dienstleistungen über den bisherigen Rahmen hinaus und legen den Grundstein für ein effizienteres, standardisiertes und modularisiertes Vorgehen in der Zukunft.